Ein Blick hinter die Kulissen
von Marieke Röben
Digitale Prüfungen langfristig möglich machen – damit beschäftigt sich das Teilprojekt 5. Angesichts der vielen Entwicklungen auf dem Gebiet der Digitalisierung in den letzten Jahren werden auch Prüfungen neu gedacht. Das bringt viele Chancen mit sich, aber auch Herausforderungen. Neben den technischen Voraussetzungen, die für E-Prüfungen gegeben sein müssen, ist auch ein didaktisches Umdenken sinnvoll. Nur wenn Aufgabenformate neu gedacht und Prüfungen so konzipiert werden, dass sie die Möglichkeiten der digitalen Welt voll ausschöpfen, sind E-Prüfungen mehr als bloße digitale Blaupausen der zuvor analogen Prüfungen. Und um digitale Prüfungen überhaupt langfristig möglich zu machen, müssen sie zudem rechtlich verankert sein. Was unter Pandemiebedingungen als Ausnahmefall möglich war, kann ohne entsprechende Regelungen nicht dauerhaft durchgeführt werden. Teilprojekt 5 hat zum Ziel, digitale Prüfungen dauerhaft an der Universität zu etablieren.
Seit dem Beginn im Jahr 2021 stand das Teilprojekt 5 in engem Austausch mit den zuständigen Gremien und Abteilungen, um diese Ziele umzusetzen. Im Jahr 2023 wurde im Rahmen der Zusammenarbeit mit dem Jour Fixe Studiendekan:innen, der Zentralen Studienkommission und dem Senat ein Meilenstein auf rechtlicher Ebene erreicht: Mit der Neubekanntmachung der Rahmenprüfungsordnungen (RPO) für Bachelor und Master sind nun in Paragraf 7 die Voraussetzungen geschaffen, dauerhaft digitale Prüfungen an der Leuphana anzubieten. E-Klausuren, E-Portfolios, aber auch multimediale Inhalte als Teile der Prüfungen sind damit jetzt unter von der RPO definierten Bedingungen möglich.
Eine der Prüfungsformen, deren Entwicklung, Einführung und Umsetzung einen Schwerpunkt des Teilprojekts ausmachen, ist die der E-Klausuren unter Aufsicht vor Ort. Um einen Einblick zu bekommen, was an so einem Prozess alles hängt, möchten wir hier einmal berichten, wie das umgesetzt werden konnte.
Seit Herbst 2021 wurden die konkreten technischen Vorbereitungen für Prüfungen an unieigenen Rechnern getroffen. Über das DigiTaL-Teilprojekt konnten 100 Laptops angeschafft und für die Prüfungen eingerichtet und vorbereitet werden. Dabei wurden stabile Laptops ausgewählt, die auch häufige Nutzung langfristig aushalten und über eine lange Akkulaufzeit verfügen, sodass mittlerweile auch Klausuren in zwei Kohorten in einem Rutsch geschrieben werden können. Der Touchbildschirm der Laptops ist ein zusätzliches Feature, das die Nutzung erleichtert. Um auch Audio- und Videoinhalte in Prüfungen verwenden zu können, wurden zusätzlich Kopfhörer angeschafft.
Damit die Prüfungen täuschungssicher durchgeführt werden können, wurden die Laptops zudem mit Blickschutzfolien ausgestattet, die das Abschreiben erschweren. Um sicherzustellen, dass Studierende zwar ihre Klausuren online schreiben können, aber nicht zeitgleich auf Suchmaschinen oder online deponierte Unterlagen zugreifen können, wurde auf den Laptops der Safe Exam Browser (SEB) eingerichtet. Dieser blockiert alles, was nicht explizit für die Prüfung freigegeben ist – also in der Regel nur Moodle und EvaExam, die beiden Softwarelösungen, die für Klausuren angeboten werden.
In Zusammenarbeit mit einigen Lehrenden wurden die ersten Pilotierungen vorbereitet und Mitte 2022 dann durchgeführt – mit Erfolg. Im Anschluss an die Testläufe füllten die Studierenden noch eine kurze Umfrage zum Format aus. Das Feedback war zu einem sehr großen Teil positiv. Die meisten Studierenden gaben an, dass sie die Prüfung ohne Probleme durchführen konnten, und viele sprachen sich auch dafür aus, solche Prüfungen öfter zu machen. Nach diesem positiven Feedback wurde schließlich entschieden, diese Prüfungsform langfristig umzusetzen.
Wie sieht das nun im Alltag aus? Es klingt erstmal ganz einfach, Laptops für eine Prüfung zur Verfügung zu stellen. Aber es hängt viel Arbeit daran, die hinter den Kulissen stattfindet.
Nach den Klausuren müssen die Laptops transportiert, aufgeladen und sicher gelagert werden. Dafür wurde eine praktische 3-in-1-Lösung gefunden: rollbare Schränke mit Stromanschluss. Nach einer Klausur werden also alle Laptops in die Fächer der Rollschränke einsortiert, eingeschlossen und dabei gleich wieder aufgeladen. So können an langen Prüfungstagen sogar mehrere Klausuren geschrieben werden.
Zwischen den Klausurenphasen fallen ebenfalls diverse Aufgaben an, denn an der Durchführung von E-Klausuren sind diverse Einheiten wie der IT-Service, der Lehrservice, der Studierendenservice und die Raumplanung, aber auch die Studiendekanate bei der Erfassung und Planung von Prüfungen beteiligt.
Auf technischer Ebene müssen die Rechner softwareseitig auf dem neuesten Stand sein, Betriebssysteme und installierte Programme laufend aktualisiert werden. Je nachdem, was für die Prüfungen benötigt wird, müssen auch immer wieder neue Konfigurationen eingespielt werden. Und auch die regelmäßige Reinigung der Geräte gehört dazu. Da kommt bei über 100 Laptops schonmal Einiges zusammen (und aktuell ist dafür eine Person alleine zuständig)!
Auch auf organisatorischer Ebene gibt es mehr zu bedenken als auf den ersten Blick erkennbar: Laptopklausuren sind deutlich planungsintensiver als Papierklausuren. Bei der Raumplanung müssen die Auf- und Abbauzeiten mitbedacht werden. Außerdem können E-Klausuren nur in den Räumen geschrieben werden, in denen auch das entsprechende sichere WLAN ausgestrahlt werden kann, das die Leuphana für Prüfungen nutzt. Und logischerweise kann immer nur eine Klausur zurzeit stattfinden – denn wir und die Laptops können ja nur an einem Ort sein.
Natürlich funktionieren solche Prüfungsformen nur mit dem richtigen Support. Die Softwarelösungen müssen so aufbereitet werden, dass Lehrende sich gut einarbeiten können. Beratungsangebote müssen zur Verfügung stehen – sowohl auf technischer als auch auf didaktischer Seite. Und für die Erprobung und Durchführung der Prüfungen muss ebenfalls Unterstützung in der Vorbereitung und schließlich vor Ort in der Prüfungssituation gegeben sein. In Zusammenarbeit mit dem Lehrservice konnten hier vielfältige Materialien, Support- und Weiterbildungsangebote geschaffen werden. Lehrende, die sich für digitale Prüfungen interessieren, können sich auf der Lehrservice-Website informieren oder ihre Fragen direkt per Mail stellen.
Wie immer, wenn etwas neu eingeführt wird, muss hier aktuell noch viel abgestimmt werden, wobei wir die zuständigen Abteilungen und Gremien tatkräftig unterstützen. Für die Zukunft arbeiten wir weiter daran, die Umsetzung von E-Prüfungen so optimieren, dass sie fest in der Prüfungslandschaft verankert sind – und zukünftig wachsen können. Dabei geht es nicht nur um Klausuren. Auch andere digitale Prüfungsformen stoßen auf großes Interesse – bei Lehrenden wie Studierenden. Für die Zukunft wird es unser Ziel sein, sowohl die technische Ausstattung als auch die didaktischen und technischen Weiterbildungsangebote so zu verstetigen, dass sie dauerhaft an der Leuphana Bestand haben.